Gedenken zum Jahrestag der Flutkatastrophe
Das heutige Gedenken zum Jahrestag der Flutkatastrophe im Kurpark Bad Neuenahr-Ahrweiler ist gelinde gesagt verunglückt. «Dieses Programm hat mich total runtergezogen», sagte ein Flutopfer aus Dernau, der beim «Traumtanz» vorzeitig die Veranstaltung verließ. Beim «Traumtanz» hüpfte eine ganz in Weiß gehüllte Tänzerin zu kitschigster Musik über die Show-Bühne. Es war grotesk und unerträglich. Auch das folgende Medley nach Schlagern von Udo Lindenberg und Udo Jürgens hörte sich für Betroffene des Hochwassers unpassend an, wenngleich es die anwesenden Funktionäre und Spitzenbürokraten aus Mainz zu amüsieren schien.
Daß dieses völlig unpassende Bühnenspektakel, das dem Vernehmen nach über 150.000 Euro gekostet haben soll, ein Betrag, den die Betroffenen bestimmt gut gebrauchen könnten, Betroffene «runterzieht» anstatt aufbaut, ist an Tragik nicht zu überbieten.
«Das ist hier ja wie beim Fernsehgarten in Mainz», fühlte sich ein Flutopfer aus Mayschoß an die bunte Unterhaltungsshow im ZDF erinnert, «dem heutigen Anlass schlicht unangemessen und unpassend», fügte er hinzu.
Gerade an dem ersten Jahrestag einer solchen Katastrophe hätte es aufbauendes und fürsorgliches Gedenken in Würde gebraucht. Daß das Land Rheinland-Pfalz dazu nicht in der Lage war, ist ein Armutszeugnis.
Der anwesende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verpasste die Chance, den Geschädigten eine Botschaft der Hoffnung und Zuversicht für den Wideraufbau zu überbringen. Wo sind die 30 Milliarden für die Betroffenen, die schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden sollten? Auf diese Fragen hätten sich die Bewohner des Ahrtals spätestens an diesem Abend eine verbindliche Antwort des Kanzlers gewünscht.
Als zwei Demonstranten vor Scholz «Sanieren statt Aufrüsten» forderten und «Ahr-Tal aufbauen statt Panzer», ging der Bundeskanzler zügig und wortlos an ihnen vorbei.