Auf der Suche nach der verlorenen Identität

Published On: 30. November 2022

Tiefe Wunden, der Drang nach Freiheit und die Suche nach der eigenen Identität. Das sind nur einige von mehreren Gemeinsamkeiten, die Marek Schramm und Arye Sharuz Shalicar miteinander verbinden.

Es ist der Verdienst des Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, diese beiden außergewöhnlichen Lebensläufe zum Anlaß zu nehmen für ein Aufeinandertreffen von Schramm und Shalicar, das am 30.11.2022 an der Universität Erfurt stattfand.

Schramm und Shalicar: beide saßen als Jugendliche im Gefängnis, beide haben Kinder im ähnlichen Alter und beide haben jüdische Vorfahren. Schramms Großmutter überlebte die Shoah, Shalicar überlebte lebensbedrohliche antisemtische Anfeidundungen in Berlin, die ihn zur Flucht nach Israel trieben.

Schramm wurde nach folterähnlichen Verhören im Stasi-Knast in den Westen abgeschoben und wurde von jetzt auf gleich von seiner ganzen Familie getrennt.

Shalicar machte in Israel Karriere als Armee-Sprecher, Schramm in der BRD als Unternehmer.

Schramm wurde in der DDR als Schüler wegen seiner polnischen Herkunft und seines osteuropäisch klingenden Namens gehänselt, was ihm als Kind sehr weh getan habe. Shalicar erzählt, daß er in seiner judenfeindlichen Umgebung keine Zukunft mehr für sich gesehen habe, so wie Schramm in der DDR keine Zukunft für sich sah. «No Future» hatte Schramm sogar auf seiner Jeans stehen und wurde deshalb zum Direktor seiner Schule zitiert.

Schramm nennt sich einen antifaschistischen Antikommunisten und Shalicar wurde zum Vermittler zwischen Israel und der arabischen Welt, reiste als hochrangiger Regierungsvertreter in arabische Hauptstädte, wo er an Friedensgesprächen und gegenseitiger Anerkennung mitwirkte.

Moderator Dr. Matthias Wanitschke hat sich tief eingearbeitet in die Biographien seiner beiden Gäste und führt einfühlsam durch das Gespräch. Der Abend stand unter dem Motto «Identitätsfindung in Ost- und West-Deutschland. Zwei Jugend-Geschichten. Ein Thema?! – Wie Marek Schramm den DDR-Gründungsmythos des SED-Antifaschismus und wie Arye Sharuz Shalicar den Weddinger Antisemitismus heute sehen.»

Bereits am Vorabend las Shalicar im Rahmen der Jüdisch-Israelischen Kulturtage in Thüringen aus seinem neuen Buch «Schalom Habibi» im Kulturzentrum der Jüdischen Landesgemeinde.

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