Das ZDF und Nikolai Nerling

Published On: 27. September 2021
Nerling im „ZDF spezial“ mit Matthias Fornoff am 27.09.2021

In einer Umfrage zur Bundestagswahl am 27.09.2021 im „ZDF spezial“ mit Matthias Fornoff, Moderator des ZDF-„Politbarometers“, spricht Nikolai Nerling. ZDF-Sprecher Thomas Hagedorn sagt dazu: „Bei der Umfrage wurden Bürgerinnen und Bürger auf der Straße zufällig angesprochen. Daß es sich bei einem von ihnen um einen wegen Volksverhetzung verurteilten Neonazi handelt, konnte die Redaktion nicht erkennen. Seine Äußerung war unauffällig.“

Nerling im „ZDF heute journal“ (Berlin von Eva Schiller) am 22.06.2020

Allerdings gab es schon zuvor unkommentierte Äußerungen von Nerling im ZDF: Zum Beispiel am 22.06.2020 in einem Beitrag im „ZDF heute journal“ von Eva Schiller, Leiterin des ZDF-Landesstudios Baden-Württemberg. Nerling fragt Bundesminister Horst Seehofer bei einem Rundgang durch Stuttgart im „ZDF heute journal“ zur besten Sendezeit am Abend: „Haben wir ein Problem mit Migranten-Gewalt in Deutschland?“ Die Frage bezog sich auf Beschuldigte, die in der Nacht zuvor in der Innenstadt von Stuttgart randalierten und Polizisten angriffen. Zwölf der Tatverdächtige seien Deutsche, sagte die Polizei von Stuttgart an diesem Tage. Diese Information fehlt in dem ZDF-Beitrag.

Nerling sagte beim Rundgang mit Seehofer weiterhin: ein wütender Mob „hauptsächlich bestehend aus Ausländern“ habe Stuttgart zerstört. „Das waren Ausländer, die die Scheiben eingeschmissen haben hier. Das waren Ausländer, die gar nicht hier sein dürften. Das waren keine Deutschen, die das gemacht haben. Es ist ein Völkermord, der hier stattfindet. Das ist Völkermord. Herr Seehofer ist ein Verräter am deutschen Volke.“ Es bleibt die Frage, weshalb das ZDF dieser Sichtweise bis heute eine Verbreitung bietet.

Am 25.05.2017 gab es in der ZDF-Sendung „Was heißt hier Wahrheit?“ mit Ilka Brecht, Leiterin des ZDF-Magazins „Frontal21“, moderiert von Michael Sahr, Redakteur der ZDF-Redaktion Kirche und Leben, eine Schweigeminute für Menschen, die „auf der Flucht ums Leben kamen“. Nerling rief während der Schweigeminute: „Ich schweige nicht. Was hier geschieht, ist Unrecht, eine Heuchelei. Die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland geht gegen das Grundgesetz. Es ist ein Unrecht, was geschieht.“ Ein ziemlich ungewöhnlicher Verlauf einer Sendung, die in den Online-Angeboten des ZDF zu sehen blieb.

In allen drei genannten ZDF-Sendungen wurden weder die Person Nikolai Nerling noch seine Äußerungen eingeordnet. Die Auftritte von Nerling bleiben nach der Ausstrahlung in den Online-Angeboten des ZDF abrufbar – und zwar ohne Hinweise, Klarstellungen oder nachträgliche Einordnungen.

Ganz anders verhält es sich mit der ZDF-Sendung „30 Jahre Mauerfall“ mit ZDF-Moderatorin Antje Pieperam am 09.11.2019. In einer künstlerischen Videosequenz über friedliche Proteste weltweit, die das ZDF im Rahmen der Übertragung der Bühnenshow zu 30 Jahre Mauerfall ausstrahlte, wurde auch die Demonstration der Initiative „Women in black“ gezeigt, die für ihren friedlichen Protest mit zahlreichen Friedenspreisen ausgezeichnet wurde. In der Videosequenz werden insgesamt rund 20 Protestsituationen weltweit präsentiert. „Women in black“ ist eine Organisation von jüdischen Frauen für Frieden in Israel. Das ist die einzige Initiative, die vom ZDF herausgeschnitten wurde.

Die jüdischen Frauen für Frieden in Israel hat das ZDF aus seinen Online-Angeboten entfernt. Weil sie Jüdinnen sind oder weil sie sich für den Frieden engagieren? Die Erklärung vom ZDF lautet: „Ein unangemessenes Bild innerhalb einer Video-Sequenz wurde vom ZDF am vergangenen Montag für das Video der Bühnenshow in der ZDFmediathek herausgeschnitten.“

Dies ist das laut ZDF „unangemessene Bild“, das vom ZDF aus der Sendung herausgeschnitten wurde:

ZDF-Sendung „30 Jahre Mauerfall“ mit Antje Pieperam am 09.11.2019

Dort steht auf einem Ballon neben dem Logo der jüdischen Frauen für Frieden in Israel: „די לכיבוש„, zu Deutsch „Genug mit der Besetzung“.

Selbst die konservative FAZ titelt am 19.11.2019, also zehn Tage, nachdem das ZDF diese Äußerung aus seinen Online-Angeboten herausgeschnitten hat: „Die Besetzung bleibt rechtswidrig“

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/israel-und-palaestina-die-besetzung-bleibt-rechtswidrig-16493482.html

Die Haltung der FAZ deckt sich mit der völkerrechtlichen Bewertung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, der ebenfalls von einer „Besetzung“ spricht.

Pikantes Detail: Das ZDF warb für seine Sendung „30 Jahre Mauerfall“ mit ZDF-Nachrichtenmoderator Christian Sievers, der zuvor Korrespondent in Israel war. Von ihm ist keine Stellungnahme zu den Entfernungen der jüdischen Frauen für Frieden in Israel aus den ZDF-Angeboten bekannt.

Weshalb beläßt das ZDF die Äußerungen von Nikolai Nerling in seinen Online-Angeboten und schneidet zugleich ein „unangemessenes Bild“ der jüdischen Frauen für Frieden in Israel heraus aus seinen Online-Angeboten?

Die jüdische Friedensbewegung in Israel hat meine vollste Solidarität und tiefste Ankerkennung. Wenn man ihr in Deutschland in den Rücken fällt, so wie das ZDF, dann spreche ich das an. 

One Comment

  1. einseinsnull 28. September 2021 at 21:43 - Reply

    das war schon seltsam, den da wieder zu sehen.

    gut, der steht da viel rum, weil er weiß, dass da viel kameras sind. aber sollte man den als reporter nicht langsam mal kennen?

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