Feldmann-Abwahl folgte medialer Kampagne
Heute wurde der Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) abgewählt. Dem Ergebnis des Bürgerentscheids gingen nicht nur strafrechtliche Vorwürfe gegen Feldmann voraus, sondern auch eine mediale Kampagne, an der sich drei Frankfurter Tageszeitungen und ihre gemeinsame Vermarkterin beteiligten. Wurde eine marktbeherrschende Stellung in der Stadt am Main ausgenutzt, um ein gewünschtes politisches Ergebnis voranzubringen?
Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung hat am 14.07.2022 bestimmt, daß der Bürgerentscheid zur Abwahl des Oberbürgermeisters (OB) Peter Feldmann am 06.11.2022 stattfinde.
Die im Bürgerentscheid zu entscheidende Frage lautete: «Stimmen Sie für die Abwahl des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main, Herrn Peter Feldmann?» Die Mehrheit stimmte mit Ja ab.
Der heutigen Abwahl voraus ging eine beispiellose mediale Kampagne der drei Tageszeitungen «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ), «Frankfurter Rundschau» (FR), «Frankfurter Neue Presse» (FNP) und ihrer gemeinsamen Vermarkterin, der RheinMainMedia GmbH, die vor dem Bürgerentscheid sowohl redaktionell als auch verlegerisch alles in eine Waagschale zugunsten der Abwahl von Feldmann warfen.
Redaktionell wurde die Kampagne geführt durch ein Übergewicht an Berichten und Kommentaren für die Abwahl von Feldmann. Und verlegerisch durch einen Rabatt von ca. 90 Prozent auf Anzeigen in der FAZ, FR und FNP, die für die Abwahl von Feldmann werben.
Der «tageszeitung» (taz) liege ein Angebot der RheinMainMedia GmbH vor, das sich ausdrücklich an das «Parteienbündnis» der Abwahlkampagne richte. «In Abstimmung mit der Geschäftsführung» biete die RheinMainMedia GmbH im Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid einen «Sonderpreis» für Anzeigen «in unseren drei Tageszeitungen» FAZ, FR und FNP.
Eine ganze Anzeigenseite in den drei Titeln koste demnach lediglich € 2.950,00. Bei einem regulären Preis von € 27.413,76 biete die RheinMainMedia GmbH den Anzeigenkunden für die Abwahl fast 90 Prozent Rabatt. Einzige Bedingung: Es müßten «neutrale Motive» sein, «keine Parteienwerbung».
Tatsächlich zeigt die Anzeige mit dem Titel «ABWAHL VON OB FELDMANN! Neustart für Frankfurt», erschienen in der FR vom 25.10.2022 auf Seite F13 und in der FAZ vom 04.11.2022 auf Seite 37, die Logos der fünf Parteien GRÜNE, CDU, SPD, FDP und VOLT des Bündnisses gegen Feldmann.
Und tatsächlich zeigt die Anzeige mit dem Titel «FELDMANN ABWÄHLEN», erschienen in der FAZ vom 05.11.2022 auf Seite 37, das Logo der CDU.
Sind diese Inserate «neutral» und «keine Parteienwerbung», wie es in den Bedingungen der RheinMainMedia GmbH steht?
Laut Medienmanager Bernd Reisig, ein Kritiker der Abwahlkampagne, sei es «unfassbar, daß sich Medien in dieser Weise parteiisch in eine politische Auseinandersetzung einmischen, nicht mehr sauber berichten, sondern sich zum Teil einer Kampagne machen», sagte Reisig der taz.
«Dem OB liegt kein solches Angebot vor», versichere sein Sprecher Olaf Schiel der taz, und habe die Frage aufgeworfen: «Gibt es 90 Prozent Rabatt nur, wenn es gegen den Oberbürgermeister geht?»
Inserate ohne Kennzeichnung als «Anzeige»
Am 02.11.2022 erschien in der FAZ auf Seite 39 die Anzeige mit dem Titel «FRANKFURT WÄHLT AB!» ohne Angabe eines Verantwortlichen im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.).
Die gleiche Anzeige erschien am nächsten Tag erneut in der FAZ, diesmal auf Seite 35 und mit der Angabe «V.i.S.d.P. Herr Rainer M. Ballwanz». Ballwanz ist ein Frankfurter Immobilienunternehmer, der sich für die Abwahl von Feldmann engagiert.
Die beiden Inserate des Immobilienunternehmers in der FAZ enthalten nicht einmal die obligatorische Kennzeichnung «Anzeige».
Die taz berichtet: «Der Immobilienwirtschaft passt seit Feldmanns erstem Wahlsieg 2012 die ganze Richtung nicht. Im April hat die CDU-Opposition im Römer einmal mehr versucht, den ‹Baulandbeschluss› zu kippen. Investoren werden damit zum Beispiel verpflichtet, einen bestimmten Anteil an Sozialwohnungen vorzusehen. Wegen steigender Zinsen, Inflation und Krisenfolgen müsse dieser Beschluss weg, argumentiert die CDU.»
Großgrundbesitzern ist der OB ein Dorn im Auge aufgrund des Mietenstopps bei der ABG FRANKFURT HOLDING Wohnungsbau- und Beteiligungsgesellschaft mbH, die Immobilienpreise und Mieten deckelt. Dem kostenlosen städtischen Schwimmbadbesuch für Kinder, den Feldmann einführte, können Wohlhabende, die lieber im privaten Spa baden, ohnehin nicht viel abgewinnen.
Mit der Wiedererhöhung des Gewerbesteuerersatzes und der Einhaltgebietung von öffentlich-privaten Partnerschaften zugunsten der Privatwirtschaft machte sich Feldmann ebenfalls viele Feinde im bürgerlichen Lager.
Feldmann habe als Oberbürgermeister sozialpolitische Themen wieder in den Vordergrund gestellt, sagt Dieter Storck, Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen, der FR. Nun werde mit einer Desavouierung Feldmanns versucht, auch diese Inhalte zu desavouieren.
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