Grinsender Horst Mahler sammelt Anklageschriften
Ab heute muß sich Horst Mahler wegen Volksverhetzung in mehreren Fällen und Leugnung des nationalsozialistischen Völkermords an über sechs Millionen Juden vor Gericht verantworten.
Bereits vor Betreten des Gerichtssaals sorgt der Angeklagte Horst Mahler für einen Eklat. Eine sitzungspolizeiliche Anordnung der Vorsitzenden Richterin Meier verlangt die Durchsuchung vor Betreten des Sitzungsaals. Er wolle sich nicht von Männern durchsuchen lassen, weist Mahler die anwesenden männlichen Justizvollzugsbeamten zurück. Er sei ja nicht vom anderen Ufer und verlange nach einer Frau, die ihn zu durchsuchen habe.
Als Mahler mit reichlich Verspätung in seinem Rollstuhl endlich in den Gerichtssaal fährt, erheben sich seine Fans von den Rängen und spenden ihm Applaus.
Horst Mahler genießt sichtbar die durch seine Anhänger demonstrativ zur Schau gestellte Anerkennung und sitzt mit einem breiten Grinsen auf der Anklagebank. Belustigt vom Treiben der Gerichtsdiener und Pressefotografen läßt Mahler den Blick durch Saal 5 des Landgerichts Potsdam schweifen und nickt wohlwollend seinen Fans zu, unter ihnen hochrangige NDP-Kader und andere Holocaustleugner wie Dennis Ingo Schulz, der eine Krawatte in den Farben der Reichtskriegsflagge trägt und beim Eintritt in den Saal wie ein Star die anwesenden Pressevertreter winkend begrüßte.
Mahlers breites Grinsen vor Gericht ist die Fortsetzung seiner Mißachtung der Shoah-Opfer, die sich wie ein roter Faden durch seine antisemitischen Pamphlete zieht.
Als die Vorsitzende Richterin Meier den Angeklagten nach seiner Staatsangehörigkeit fragt, ruft Mahler: «Deutsches Reich!»
Die Vorsitzende Richterin gibt zu Protokoll: «Also deutsch.»
Im Zuschauerraum regt sich dagegen Protest: «Deutsch ist nur seine Sprache», reklamiert ein Herr mit Glatze.
Staatsanwalt Schöning schafft zunächst die Verlesung von vier der sechs Anklageschriften. Zu umfangreich sind die schweren Straftaten der Volksverhetzung und Leugnung des Holocaust, die dem Angeklagten zur Last gelegt werden und sich über einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecken.
Und selbst für die Verlesung dieser ersten vier Anklageschriften braucht der Staatsanwalt mehr als zwei Stunden.
JHWH sei der Satan selbst und die Juden seien Werkzeuge Satans, habe Mahler geschrieben, so der Staatsanwalt. Weitere Äußerungen von Mahler, derer er angeklagt ist, mag man wirklich nicht zitieren, so verletzend und abstoßend sind diese.
Der 86-jährige Angeklagte ist aufgrund seines Gesundheitszustands für drei Stunden pro Tag verhandlungsfähig. Die weiteren Anklagen müßen am kommenden Verhandlungstag verlesen werden.
In einer Verhandlungspause, die nötig wurde, weil Mahlers Verteidiger bereits nach einer halben Stunde die Parkuhr nachfüllen mußte («Tschuldigung, aber ich hab‘ nich‘ genug Kleingeld dabei!»), stieg ein Neonazi über die Absperrung zwischen Zuschauerraum und Anklagebank, hockte sich neben Mahler, ergriff seine Hand und tuschelte mit ihm. Den Eindringling in die Anklagebank ließen die Justizvollzugsbeamten zunächst gewähren bis sie ihn nach einiger Zeit freundlich baten, wieder in den Zuschauerraum zurückzukehren.