«Jedes Auto trägt zur Vermehrung der Erderwärmung bei»
30.11.2022 Amtsgericht Tiergarten, Saal A 101. Im Strafprozeß gegen den 22-jährigen Studenten David P. wird dem Angeklagten zur Last, sich am 18.03.2022 gegen 17.30 Uhr während des Feierabendverkehrs an einer Blockadeaktion der Gruppierung «Aufstand der letzten Generation» beteiligt zu haben.
Er habe sich gemeinsam mit neun weiteren Personen auf die Kreuzung Reinhardtstraße Ecke Kapelle-Ufer in Berlin-Mitte gesetzt. Hierdurch sei es zu Verkehrsbehinderungen und einem Rückstau gekommen.
P. verliest zu Beginn der Verhandlung eine ca. halbstündige Erklärung. Seinen Protest habe er direkt gegen die Bundesregierung gerichtet, weil diese zuständig sei für die Verfehlung der Klimaschutzziele, so P. «Unsere Botschaft lautet stoppt die Finanzierung fossiler Infrastruktur! Wir alle sind betroffen von der Klimaerwärmung.»
Der Angeklagte zitiert António Guterres, den Generalsekretär der Vereinten Nationen, der gesagt habe, wir seien auf dem Wege zu einer globalen Erwärmung, die hoppelt so hoch sei wie in Paris vereinbart.
P. kritisiert, daß die Klimaschützer als Radikale dargestellt würden. Radikale seien die Länder, die fossile Rohstoffe verbrennen. Daher geschehe der Protest der «Letzten Generation» aus Dringlichkeit, da es nur ein kurzes «window of opportunity» von zwei bis drei Jahren gebe, in dem die Erde noch zu retten sei.
Die traditionelle Protestform des zivilen Ungehorsams und der Ort der Demonstration im Regierungsviertel sei bewußt gewählt, um die Entscheider zu treffen. Rechtsanwalt David Hölscher, der Verteidiger des Angeklagten, plädierte auf Freispruch und rechtfertigte die Blockade während der Hauptverkehrszeit mit Notstand: «Jedes Auto trägt zur Vermehrung der Erderwärmung bei.»
Richter am Amtsgericht Frank Triebeneck sah dies anders und verurteilte P. wegen gemeinschaftlicher Nötigung und öffentlicher Störung des Fließverkehrs zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 15 Euro.
Damit blieb der Richter unter dem Strafmaß, daß der Staatsanwalt gefordert hatte. Zu Gunsten des Angeklagten habe gesprochen, daß er nicht Gewalt angewendet habe und die Blockade nur einige Minuten gedauert habe.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.