Hohe Pflanzen, Palmen, 28°C im Schatten und herumspringende Affen: mein Bruder hat sich im Dschungel von Sri Lanka illegal boostern lassen.

Oktober 2021 im Dschungel, etwa 80 Kilometer südwestlich von Trincomalee, einer Hafenstadt an der Nordostküste Sri Lankas. Es ist das Paradies auf Erden. Fast. Wäre da nicht ein kleiner Wermutstropfen: Die Boosterimpfung ist in Sri Lanka noch nicht legal erhältlich für meinen Bruder. Aber mein Bruder will ihn unbedingt, den dritten Schuss.

Über einen gemeinsamen Freund nimmt mein Bruder per Telegram Kontakt auf zu einem singhalesischen Arzt in der Nähe von Trincomalee. Der Arzt verspricht meinem Bruder, ihn illegal zu impfen. Für eine Handvoll Cashew-Kerne.

Die beiden treffen sich konspirativ im Dschungel. An Kilometermarke 160 einer Landstraße ca. 80 Kilometer südwestlich von Trincomalee. Mein Bruder fragt den Arzt: «Was kannst Du mir spritzen?»

Er antwortet: «Astreines Sinopharm. Spitzen Qualität.» Mein Bruder wollte eigentlich lieber – wie alle! – Biontech, das richtig geile Zeug und der Geheimtip unter Insidern gegen Omicron, aber das ist schwer zu kriegen unter dem Ladentisch, jedenfalls nicht für ein paar Cashew-Kerne.

Der Arzt spritzt meinem Bruder Sinopharm. Als Dankeschön für den Booster bekam der Arzt seine Tüte Cashew-Kerne, im Wert von umgerechnet 20 Euro. Und Dank des Boosters verlief die Erkrankung an COVID-19, die mein Bruder einige Wochen später erlitt, sehr mild.

Zwar kann mein Bruder seine dritte Impfung nicht nachweisen, weil sie illegal war und nicht bescheinigt werden konnte. Aber er ist froh, es getan zu haben. Besser illegal geschützt als gar nicht.