Schöne neue Coronaarbeitswelt
Zu heute kündigte der Demokratische Widerstand die Besetzung der taz an. Doch die wurde „vorläufig“ abgesagt. Die Widerstandsbewegung hat wohl registriert, daß es nicht möglich ist, ein Pressegebäude wie in vorausgegangenen Jahrzehnten zu besetzen, wenn dort wegen der Coronakrise gar keine Redaktionsarbeit gemacht wird. Denn diese findet derzeit überwiegend via Internet von zu Hause aus statt, wie taz-Chefredakteur Georg Löwisch berichtet.
Das zeigt die soziale Problematik von Arbeitskämpfen in Zeiten des Homeoffice. Bedeutet das Coronaregime das Ende der Arbeitskämpfe, wie wir sie kennen? Ein Bericht aus der schönen neuen Coronaarbeitswelt zu den Folgen der prekären Pressebranche.
Anselm Lenz, Mitbegründer der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand, sagte heute Vormittag:
„Wir werden die taz mit rund 120 Antifaschist*innen, taz-Genoss*innen und Abonent*innen besetzen. Wir übernehmen das Ressort der Seite 3 und das entsprechende Backend. Dies ist sowohl eine Form meines Arbeitskampfes nach der politisch motivierten Kündigung als auch eine Solidaritätsaktion für die verbliebenen redlichen Kolleg*innen im taz-tower, die von einer vergleichsweise kleinen Gruppe gegen ihren Willen dominiert werden.“
Doch zu dem angekündigten Sturm auf den taz-Tower kam es nicht.
Taz-Redakteur Erik Peter freut sich über die ausgefallene Besetzung: „Die Revolution muss warten:) Eine für heute angekündigte Besetzung des Redaktionsgebäudes (der taz) durch den Verschwörerverein ‚Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand‘ ist mangels Teilnehmern ausgefallen. Immerhin die Polizei nahm die Ankündigung ernst und stand mit einem ordentlichen Aufgebot vor dem Haus.“
Taz Berlin-Ressortleiter Bert Schulz zweifelt gar am Wahrheitsgehalt der Verlautbarungen der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand um Anselm Lenz: „Waren halt wieder mal Fake News“.
Doch weshalb muss die Revolution warten?
Lenz erklärt: „Wir brauchen etwas mehr Zeit, um zu analysieren, wie unser politischer Gegner provozieren könnte, und um die eigenen Reihen aufzuklären. Überzeugt sind wir alle gleichwohl. Es ist eine Entscheidung, die auch auf möglicher polizeilicher Repression basiert: Wir können jetzt keine strukturell wichtigen Personen aus dem Demokratischen Widerstand in ein paar Tage Gewahrsam o. ä. verlieren, weil wir uns noch in der Aufbauphase des Widerstands befinden.“
Anna Klöpper, taz Berlin Ressort-Leiterin, dementiert, daß die taz Lenz gekündigt habe. Er sei kein fester freier Mitarbeiter bei der taz gewesen.
Als arbeitnehmerähnliche Selbständige gelten in Pressebetrieben sogenannte feste freie Mitarbeiter. Sie kennzeichnet gemäß § 12 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz eine wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber, für den sie überwiegend tätig sind.
Feste Freie haben einen Vertrag, bekommen regelmäßig Lohn und sind in die Redaktion eingebunden. Autoren hingegen sind nicht in die Redaktion eingebunden, können auch für andere Zeitungen schreiben und brauchen nicht gekündigt zu werden.
„Bei der taz gibt es keine festen Freien. Anselm Lenz war Autor“, so Klöpper während eines Telefonats.
Dieser Darstellung widerspricht Lenz: „Anna Klöpper lügt. Es gibt feste Freie bei der taz, aber sie bekommen die Pauschale nicht, die festen Freien zusteht, weil es sich die taz nicht leisten kann oder will. Daher lügt sie, wahrscheinlich um keine arbeitsrechtlichen Probleme zu bekommen. Ich hatte ohnehin nicht mehr groß Lust, für den Saftladen abzuliefern.“
Klöpper hat wohl recht, wenn sie sagt, Lenz sei nicht gekündigt worden. Ihr Ressort will einfach nur keine Artikel mehr von ihm. Das ist die Folge der prekären Pressebranche.
Mittlerweile hat Lenz, der seit 2017 Mitglied der Deutschen Journalisten Union in ver.di sei, allerdings mit einer kurzen Pause 2018, weil er eine Zeit lang Mitgliedsbeiträge vergessen habe, seine Dienstleistungsgewerkschaft um Unterstützung gebeten, aufgrund der „ausschließlich politischen Kündigung als fester Freier bei der taz den Kenntnisstand bei der taz einzuholen, um arbeitsrechtliche Schritte auswiegen zu können und mit mir Rücksprache zu halten“.
Lenz wirkt irritiert, wenn er am Telefon erzählt, daß er von seinem Gewerkschaftssekretär noch keine Rückmeldung erhalten habe auf seinen Hilferuf, nicht einmal eine Abwesenheitsnotiz.
Die Deutsche Journalisten Union in ver.di reagierte bisher nicht auf eine Presseanfrage.
Ob die taz den Abgang von Lenz intellektuell wird verkraften können, werden die kommenden Ausgaben der Tageszeitung zeigen.
Fotos auf: https://www.flickr.com/photos/lejeunemartin
Mehr zum Konflikt zwischen Lenz und der taz erfahren Sie auf der Seite:
Ich bin ja auch Genossenschaftler, habe mein Abo jedoch vor einigen Monaten gekündigt. Die Idee finde ich gut. Ich würde Mathias Bröckers einbinden.
Als Moderater der Mahnwache habe ich nicht nur vom tagesspiegel sondern auch von der taz Widerstand bekommen.
Sind halt NATO unterwandert.
Du kannst gern Mathias Bröckers auf die Berichte zum Thema auf dieser Seite hinweisen
[…] Source: martinlejeune.de […]
Arbeitskämpfe in Deutschland?
Wann war denn der letzte richtige Arbeitskampf in Deutschland?
Ach richtig, als die Gewerkschaften sich nicht als Bücklinge der Politiker ansahen.
Wir haben schon viele Jahre keine Gewerkschaften mehr, die den Namen auch verdienen. IG Metall, wo ist sie hin? Und auch die anderen, wo sind sie hin?
Wo sind Journalisten, die den Namen noch verdienen?
Alle platte gemacht, geschliffen und Obrigkeitshörig.
Im Grunde genommen benötigt man nur noch eine Zeitung, um Fehlinformiert zu werden. Die anderen Zeitschriften schreiben nämlich exakt das Gleiche. Im Gleichschritt mit den anderen Medien. Merkel hat ganze Arbeit geleistet.