Interview mit Rechtsanwältin Raphaela Dichtl
Du bist Betroffene von Polizeigewalt während eines Einsatzes am Rande der Querdenken-Demo in München am 12.09.2020. Wie ist der aktuelle Sachstand dieses Verfahrens? Bist Du sowohl Beschuldigte als auch Opfer einer Straftat?
Ich habe damals Strafantrag gegen die agierenden Polizeikräfte gestellt. Die Verfahren wurden allesamt eingestellt, wie leider zu erwarten war. Hiergegen habe ich Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt. Auch dieser wurde nicht stattgegeben.
Gegen mich lief ein Verfahren wegen des Verdachtes der Körperverletzung. Dies wurde eingestellt, da ich einen rechtswidrigen körperlichen Angriff des Gegendemonstranten (Antifa) gegen mich lediglich abwehrte.
Wie geht es Dir heute aufgrund der Erlebnisse und Erfahrungen mit Polizeieinsätzen bei Demos?
Insgesamt geht es mir sehr gut. Allerdings rede ich nicht mehr gerne über den Vorfall, da ich nicht möchte, dass Erinnerungen hieran wieder hochkommen und ich „die Sache“ in der Vergangenheit ruhen lassen möchte.
Was jedoch bis heute blieb ist, dass ich manchmal erstarre, wenn eine Polizeihundertschaft sehe (z.B das letzte Mal vor der Wiesn 2022 in München).
Gehst Du noch auf Demos? Wenn ja, hat sich bei den Einsätzen der Polizei etwas geändert?
Ich gehe nicht mehr auf Großdemos. Allerdings gehe ich auf kleinere Kundgebungen in der Nähe meines Wohnortes Passau. Ich konzentriere mich seit Januar auf den Aufbau meiner eigenen Rechtsanwaltskanzlei und widme mich dort den „Coronamandaten“ und sehe dies nun als meinen Anteil den ich zu dem Thema beitragen kann.
Weshalb bist Du Rechtsanwältin geworden?
Ich habe mich schon im früheren Alter immer für Gerechtigkeit eingesetzt und genau deshalb habe ich diesen Beruf ergriffen. Leider haben mich insbesondere die letzten beiden Jahren gelehrt, dass „Recht haben“ und „Recht bekommen“ nicht immer einhergeht.
Dennoch gibt es mir Kraft mich zumindest mit vollem Herzen für die Gerechtigkeit meiner Mandanten einzusetzen.
Wie war Dein erstes Jahr als Rechtsanwältin?
Es ist mittlerweile mein drittes Jahr als Rechtsanwältin, und nun das erste in meiner eigenen Kanzlei. Ich freue mich riesig den Schritt der Selbständigkeit gewagt zu haben und bin in meinem Beruf so erfüllt wie nie zuvor.
Wie viel Prozent Deiner Fälle haben im weitesten Sinne mit Corona zu tun (einschließlich Versammlungssachen im Kontext zu Corona)?
Ich denke circa. 60-70 Prozent mittlerweile. Anfang des Jahres waren es noch 80 Prozent.
Wie engagierst Du Dich für Anwälte für Aufklärung (AfA)?
Wir haben regelmäßig Meetings, in welchen wir uns über aktuelle Gerichtsentscheidungen und Erfahren von Fällen austauschen. Auch interne Gruppenchats tragen dazu bei , dass wir immer am laufenden Sinn. Es besteht ein toller Zusammenhalt und eine großartige Zusammenarbeit innerhalb der Afa-Anwälte. Sobald jemand einen ähnlich gelagerten Fall hat, wird sich hierüber besprochen und ausgetauscht.
Engagierst Du Dich auch für KlagePATEN? Wenn ja, wie sieht Dein Engagement aus?
Nein mit den Klagepaten kam ich bis dato noch nicht in Berührung. Wäre aber einen interessante Idee.
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